Auf dem Sprung: Alan Frei, Marc Pfister, Enrico Pfister und Christian Haller (v. l.) wollen bei Olympia 2026 Curling spielen – für die Philippinen.

Vier Curler, zwei Länder, ein Traum

Die verrückte Geschichte von vier Schweizern, die versuchen, für die Philippinen an die Olympischen Winterspiele zu fahren.

Von Angelika Hardegger (Text) und Jamal Cazaré (Bilder), 18.11.2023

Vorgelesen von Egon Fässler
0:00 / 41:18

Die Republik ist ein digitales Magazin für Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur – finanziert von seinen Leserinnen. Es ist komplett werbefrei und unabhängig. Lösen Sie jetzt ein Abo oder eine Mitgliedschaft!

Der Zauber des Curlings ist, dass dieser Sport das Unmögliche ermöglicht.

Steht ein Spiel vor dem Ende, versperren oft viele Steine den Weg ins Zentrum. Die Lage scheint aussichtslos, man glaubt: Da gibt es keinen Weg vorbei. Dann lässt der Skip den letzten und entscheidenden Stein los. Während der Stein gleitet, fühlt man sich bestätigt und denkt: Das muss misslingen!

Aber dann beginnt der Stein, der unterwegs ist, zu curlen.

Er setzt an zu einer Kurve auf dem Eis. Gleitet wie unsichtbar gesteuert um die Steine herum, die den Weg versperren. Kommt im Zentrum zu liegen. Genau dort, wo er hinsollte.

Vielleicht wird es auch mit der philippinischen Curling-National­mannschaft so sein. Vielleicht denkt man heute: die Philippinen an Olympischen Winter­spielen? Das muss misslingen.

Aber dann beginnen sie zu curlen.

«Seid ihr ein berühmtes Curling-Team?»

An einem Donnerstag im Oktober treffen sich vier Curler an Gate B41 in Zürich-Kloten. Die Flughafen­stimme sagt, man fliege hier nach Prag. Doch für die Curler führt diese Reise ins Ungewisse. Vielleicht verlieren sie in Prag jedes Spiel. Vielleicht erkennen sie auf ihrer ersten Reise, dass sie zu verschieden sind. Vielleicht, sagt Alan Frei, von dessen Rollkoffer goldene Initialen baumeln, werde er auf dem Rückflug aus dem Team geworfen. «Das wäre mein worst case, dass sie mir sagen: ‹Du, Alan, leider doch nicht.›»

Aber eigentlich glaubt Alan Frei, dass diese Reise auf Netflix enden wird.

Der Grössen­wahn ist Freis eigentümlichster Beitrag an dieses Team, das er selbst «das weirdeste Projekt ever» nennt. Er war es, der das wahnwitzige Ziel formulierte. Für die Philippinen an Olympia.

Wann Alan Frei beschloss, anders zu sein, kann er nicht mehr genau sagen. Vielleicht passierte es, weil die Mutter hoffte, die Familie bleibe unauffällig. Assimiliert.

Die Mutter war in den 1970er-Jahren von den Philippinen in ein Dorf im Aargau gezogen. Sie erhoffte sich, der Sohn würde Banker, Anwalt oder Lehrer, irgend­etwas Normales. Doch als Frei dann vor der Studienwahl stand, gab er die Pläne für Betriebs­wirtschaft auf, als er realisierte, dass auch all seine Freunde in die Wirtschaft wollten.

So kam Alan Frei zu den China­wissenschaften. Mit Anfang zwanzig in die chinesische Stadt Nanjing. Dort erlebte er seinen Aufbruch.

«Die Stadt war im Boom. Wer eine Geschäfts­idee hatte, legte einfach los. Ohne Plan. Man sagte sich: gründen, ausprobieren. Das wollte ich auch.»

Er scheiterte mit WC-Papier, das ohne Karton­rolle auskommt. Er sprach mit teuren Visitenkarten in Schweizer Privat­schulen vor, aber niemand wollte die Schüler aus China haben, die er zu vermitteln gedachte. Er verrechnete sich mit einer Nachhilfe­plattform in Deutschland. Einmal, als er philippinische Mangos zu Schnaps brannte, starb die Geschäfts­idee, als ein lieber Freund beim Degustieren sagte, das sei das «reine Böse in flüssiger Form».

Alles in allem fuhr Frei acht Firmen an die Wand und setzte 50 Ideen in den Sand. Aber heute ist er sehr erfolgreich damit.

Er machte das Start-up zum Prinzip seines Lebens: etwas wagen. Scheitern. Erneut etwas wagen. Und irgendwann gewinnen.

Alan Frei weiss, wie sehr gesunde Ernährung im Sport hilft, …
… und das ist keine der Wände, gegen die er zahlreiche seiner beruflichen Projekte gefahren hat.

Im Jahr 2014 hatte Frei diese eine andere Idee: Sextoys über das Internet verkaufen.

Er investierte das bescheidene Erbe des Vaters und lieh Geld vom Bruder. Diesmal ging er all in. Sechs Jahre später konnte Frei die Firma Amorana verkaufen. Er sass bei McDonalds vor einem McFlurry, als er den Kontostand prüfte und sah, dass er Millionär geworden war.

So startete Frei in das «weirdeste Projekt ever», reich und übergewichtig.

Er wollte abnehmen und beschloss, er brauche ein Ziel. Also erzählte er überall herum, er trainiere für die Olympischen Winter­spiele, die 2026 in Mailand ausgetragen werden. «From obese to Olympics – das war meine Geschichte.»

Für die Schweiz wäre er chancenlos, aber für die Philippinen? In einem Wintersport? «Ich fragte mich: Wie weit komme ich, wenn ich mich voll und ganz auf Olympia fokussiere?»

Er hatte Glück. Denn er begegnete drei anderen Schweiz-Philippinern mit Träumen.

Enrico und Marc Pfister, Brüder und frühere Profis im Curling. Sie träumten davon, für die Schweiz olympisch zu spielen, doch dann stahl ihnen der Krebs diese Chance.

Christian Haller, als Jugendlicher Vizeweltmeister. Er wagte erwachsen nie, alles auf das Curling zu setzen, stattdessen entschied er sich für das bürgerliche Leben. Nun, 43-jährig, hadert er damit.

Haller war es, der die vier Schweizer als philippinische Nati zusammen­führte. Sie befanden: Man sollte jetzt einfach mal antreten. Ein internationales Turnier spielen, irgendwas Kleines. Eine Standort­bestimmung: Wie schlecht sind wir?

So landen sie an diesem Donnerstag Anfang Oktober in Prag. Als die Rezeptionistin beim Einchecken fragt: «Seid ihr ein berühmtes Curling-Team?», lacht der Jüngste, Enrico Pfister, und sagt: «Vielleicht werden wirs.»

Später, beim Essen, sagt Christian Haller, man werde am Abend Geschichte schreiben. Nie zuvor habe ein philippinisches Team international gecurlt. Der erste Stein, den sie setzen würden: historisch!

Das philippinische Team (in Schwarz) nimmt die Glückwünsche nach dem Sieg gegen das zweite tschechische Team entgegen.

Am Ort, wo die philippinische Curling-Nati Geschichte schreiben will, wurde kürzlich ein Kinder­geburtstag gefeiert. Es hängen noch die Papier­schlangen, das einzig Bunte in ansonsten viel Tristesse. Das Eis sieht aus, als gehörte es poliert. Wollte jemand zuschauen, gäbe es drei Stufen als Tribüne. Durch die Glasfront dringt die Kälte des Eises herein.

Enrico Pfister schaut sich um und sagt es sehr schweizerisch. «Speziell.» Dann mustert er die Gegner.

Vier durchtrainierte Italiener, die Nummer 96 der Welt. Den Rang hatte Pfister noch am Flughafen ermittelt. Er war auf der Weltrang­liste nach unten und unten und unten gescrollt, um herauszufinden, auf welchem Platz die Philippinen folgen. Da hatte Frei gelacht: «So weit nach unten geht nicht einmal das Internet!»

Das ist der Zustand der philippinischen Curling-Nati kurz vor Beginn ihres ersten Spiels. Sie nehmen sich selbst nicht wirklich ernst.

Beim ersten gemeinsamen Training, also vor vier Monaten, trug Alan Frei noch einen Helm. Er fürchtete, er könnte ausrutschen auf dem Eis.

Beim zweiten Training zeigte Marc Pfister auf einen bunten Aufdruck, den Alan Frei auf dem T-Shirt trug, und lachte: «Das also ist unser Logo?»

Für das erste Turnier fand das Team einen Trainer, der allerdings gerade in den USA sitzt und der wenig anderes übernimmt als Anmeldungen für Turniere. Es handle sich um einen Philippiner mit Curling-Erfahrung, erklärt Frei. «Der trainierte früher schon die Kenianerinnen.»

Als die vier bereitstehen für den ersten Auftritt, als einziges Team ohne Tenue, bekommt Marc Pfister eine Meldung von UPS auf sein Handy: Die bedruckten Jacken, die sie per Eilauftrag für Prag bestellt hatten, seien soeben abgestellt worden vor seiner Haustür in Bern. «Pünktlich zum Spielbeginn!», scherzt er.

Sein Bruder wippt auf einem Stuhl nervös mit dem Fuss.

«Prag», hatte Enrico Pfister vor der Abreise gesagt, «wird der erste grosse Test.»

Da müsse man zusammen­wachsen als Team. «Wir sind vier Tage aufeinander, lernen alles kennen: Wie harmonieren wir auf dem Eis? Wie daneben? Vielleicht sagen wir danach: Boah, geht gar nicht. So was weiss man nicht im Voraus.»

Er fügt an, es könne «alles passieren» an diesem Turnier. Und er wird recht behalten.

Enrico, komm. Nur noch dieses Jahr

Enrico Pfister war noch zu klein für richtige Curling-Schuhe, als er zu spielen begann. Man stülpte ihm einfach einen Plastik­sack über einen Schuh, damit er gleiten konnte auf dem Eis, so erinnert sich der grosse Bruder. Seither haben die Pfisters aus Trubschachen, Emmental, zusammen Curling gespielt. Bis auf das eine Jahr, als der Grosse schon zu gross war für die Kleinen und der Kleine noch zu klein für die Grossen. «Das Curling hat uns immer verbunden», sagt Enrico Pfister.

Curling ist wie Schach auf Eis. Pfister mag Schach, seit er in der Schule wegen Frechseins dazu verdonnert wurde, es zu lernen. Er fand im Leben schon öfter unverhofft Gefallen an Dingen. Häufig war es der grosse Bruder, der sie initiierte. «Es war schon immer so, er sagte: ‹Enrico, komm fischen. Enrico, komm hierhin.›»

Enrico machte mit, ging einfach drauflos. Oft auch kopflos, wie er sagt. Doch als der Bruder diesen Frühling vorschlug, man solle das probieren, das Team Philippinen, blieb Enrico Pfister skeptisch.

«Ich war eigentlich sehr ausgebucht, das ganze Jahr hindurch», sagt er.

Pfister ist Partner einer Elektro­firma geworden, in der er schon die Lehre machte. Seit Juni auch verheiratet. Es stünde die Familien­planung an. «Und eigentlich», sagt er, «hätte ich das Proficurlen wohl schon früher aufgegeben, wäre der Bruder nicht gewesen.»

Enrico, komm. Nur noch dieses eine Jahr.

Unebenheiten, Gräben – nichts kann sie aufhalten: Das Team auf dem Weg zur Curling-Halle in Prag.

Pfisters gelten in der Szene als «die Brüder», das natürliche Gespann. Aber Enrico Pfister sagt: «Mein Bruder und ich, wir sind eigentlich sehr verschiedene Personen.» Der Grössere nach innen gekehrt und fokussiert, der Jüngere gesellig, häufig sprunghaft. Es muss die Andersartigkeit gewesen sein, die sie zusammen gewinnen liess.

Es läuft im Curling wie in der Wirtschaft: Ein erfolgreiches Team ergänzt sich.

Das Team braucht einen Skip, der führt. Das ist Enrico Pfisters Bruder Marc.

Es braucht einen Third, eine Art Alles­könner. Er platziert Steine sehr genau, wischt, berät strategisch mit. Das macht Christian Haller.

Das Team braucht einen Second und einen Lead. Zwei fleissige Spieler, die die meisten Steine wischen. Viele Curling-Teams bevorzugen auf diesen Positionen unbeschwerte und soziale Spieler. Witze­macher, die fähig sind, die anderen aufzumuntern. Neben Alan Frei macht das im Team Philippinen Enrico Pfister. Die Rolle sitzt wie angegossen.

Pfister ist noch erwachsen fröhlich wie ein Kind. Derart verspielt auf dem Eis, dass man glaubt, er habe jene allerfrühesten Curling-Stunden, als sie bloss Fangen spielten auf dem Feld, bis heute nicht beendet. «Aber Enrico ist sehr viel ambitionierter, als er denkt», sagt sein Bruder.

Mit zwölf curlte er an Schweizer Meisterschaften, obwohl er nebenbei noch Schach, Tischtennis und Fussball spielte. Nach der Lehre bot eine Berner Firma an, Turniere, Reisen, Essen und einen Lohn zu bezahlen. «Mit dem Sponsor wurde klar: Wir versuchen es als Profis.»

Im Frühling 2015 wurden die Pfisters Schweizer Meister in der Erwachsenen-Elite. An der darauffolgenden WM: siebte. Sie arbeiteten nur noch im Sommer, im Winter curlten sie sich durch die Welt. Sie waren «im Zyklus», wie Curler sagen. In einer vierjährigen Vorbereitung auf die Olympischen Spiele.

Enrico Pfister sagt: «Die Ausgangs­lage war perfekt. Wir hatten ein tolles Team, gutes Sponsoring, gute Möglichkeiten für das Training. Ich glaubte: Jetzt können wir Grosses schaffen.»

Doch dann bekam der Bruder die Diagnose.

Am Abend in Prag. Das Spiel gegen die Italiener ist vorbei. In einer Bar, vor Bier sitzend, rauft sich Alan Frei die Haare. Er kann kaum mehr rekonstruieren, was geschah. Es hört sich an wie ein Filmriss, vom Hirn zum Selbst­schutz produziert.

Auf der Tribüne schaute eine Gruppe Italienerinnen zu. Aus ihrer Perspektive spielte sich das Drama folgendermassen ab:

Als die Einspiel­zeit anlief, übte das italienische Team, als tanze es in der Gruppe auf Eis. Einer nach dem anderen glitt vor, wie getaktet. Sie formierten sich am anderen Ende des Feldes neu. Tanzten zurück. Traten vom Feld und stützen sich lässig auf ihre Besen.

Beim Team Philippinen: ein Geheu. Was üben wir? Wer beginnt? So genau hatten sie das Einspiel im Vorfeld nie besprochen.

Es folgte der erste Stein der Philippiner, den Frei zu setzen hatte. Dieser erste historische Stein.

Frei schoss ihn hinten raus ins Aus.

Kurz darauf, bei Freis erstem Einsatz als Wischer, riefen die Italienerinnen: «O dio!» – «Mein Gott!»

Beim zweiten Mal Wischen rutschte Frei aus, knallte mit der Arsch­backe auf das Eis, die Italienerinnen: «Ma che fai?!» – «Was machst du da?!»

Kurz darauf gingen die Italienerinnen heim. Ihr Team lag weit in Führung.

Doch als es später Abend geworden war, nach über drei Stunden Spiel, reckte Enrico Pfister die Faust in die Luft.

Auf dem Spielfeld streckte Alan Frei einem Gegner die Hand hin und schwärmte wie auf Drogen: «Das war mein erstes Spiel!»

Christian Haller lief aus der Halle, stellte seinen Besen ab, zog die Handschuhe aus. In einer Untertreibung, die ihm sehr eigen ist, sagte er zum soeben errungenen Sieg: «Ja. Das ging jetzt gut.»

Seine letzte Chance

Der Höhe­punkt von Christian Hallers Curling-Karriere ist auf Video festgehalten, aber man bräuchte einen sehr alten Fernseher, um Haller scharf zu sehen. Es war im Jahr 1999. Haller spielte an den Welt­meisterschaften der Junioren im Final. Sein Bezwinger wurde später mehrfacher Olympia­sieger, Weltmeister und in der Curling-Welt ein Star. Haller wurde Finanzprodukte­entwickler, Vater und Besitzer eines Einfamilien­hauses in Dietlikon.

Es war, was Haller «eine dieser Weg­gabelungen im Leben» nennt.

Nicht, dass Haller hätte Star werden wollen. Alles an ihm ist darauf ausgerichtet, übersehen zu werden. Er trägt die Brille noch schmal, wo alle sie längst auffällig tragen. Er schweigt, wenn andere Sprüche reissen. Verschwindet vor Spielen in Ecken, um die Arme zu kreisen, während der Team­kollege Frei vor aller Augen krumme Liege­stützen macht. Das Auffälligste an Christian Haller ist wirklich sein curlerisches Können.

Sein Geschrei auf dem Eis. Das laute «Ho!», «Ho!», «Ja!», «Ja!», das «Nochli!», «Nochli!».

«Ich kann auf dem Eis ein anderer Mensch sein. Ehrgeiziger. Härter. Kritischer», sagt er.

Überhört man das Geschrei, ist ein Curling-Turnier ein Grund­rauschen, das entsteht, weil ständig ein Stein über das Eis schleift. Dazwischen helles Klacken, wenn Steine aufeinandertreffen. Das ist der Soundtrack von Hallers Leben.

Einer legt den Stein …
… zwei andere im Team wischen ihm den Weg ins Ziel.

Hallers Vater, für den er gerade einen Platz im Altersheim sucht, war schon Curler. Haller folgte dem Vater ins Curling und blieb. Im Curling-Lager trank er das erste Bier. Am Curling-Turnier erlebte er den ersten Rausch. Es gibt im Curling Regeln des Respekts, die unausgesprochen gelten, etwa: nie die Fehler des Gegners bejubeln, Fouls selber anzeigen. Haller betrachtet sie als seine Lebens­schule.

Als Haller 1999 heimflog mit seiner silbernen Medaille, war er 20 Jahre alt und studierte an der HSG. Betriebs­wirtschaft, «eher eine Verlegenheits­lösung», wie er sagt. Auch das würde er im Nachhinein vielleicht anders entscheiden.

«Die finanzielle Sicherheit, der Verdienst, das war mir damals schon wichtig», sagt er. Nach dem Studium krüppelte er sich durch zwei Jahre Ernst & Young. Später wechselte er zur Zürcher Kantonalbank. Dort trägt er heute einen englischen Titel und eine Verantwortung, die ihm gefällt. Aber die Leidenschaft für das Curling ist nie vergangen.

Haller spielte jahrelang in der Elite, auch international. An Schweizer Meisterschaften erreichte er mehrfach die Ränge drei oder vier – nur ganz an die Spitze reichte es nach 1999 nie. Er stellte den Job voran. Er sagt, er bereue das nicht.

Man wisse ja Sachen erst später, sagt er auch.

«Vielleicht, im Nachhinein, hätte ich zwei, drei Dinge anders entscheiden können.»

«Vielleicht, in einem anderen Umfeld … Wenn der Vater gesagt hätte: ‹Mach doch, probiers!›, vielleicht hätte ich dann den Mut zusammen­genommen.»

«Vielleicht wäre mehr möglich gewesen im Sport. Ohne dass ich im Job grad die grossen Abstriche hätte machen müssen.»

Ganz sicher sind die Philippinen Hallers letzte Chance.

«Wie soll ich sagen?», lacht er. «Ich bin ja eigentlich schon zu alt!»

Das oberste Ziel im Curling ist Olympia. Vier Jahre lang interessiert sich niemand für diesen Sport. Aber sobald die Spiele beginnen, lassen die einen sich vom Curling fesseln, die anderen reissen Witze. Es sieht am Fernsehen so einfach aus.

Wie ein Spiel, das eher von Menschen gewonnen wird als von Athleten. Von Mannschaften, die seltsam rumschreien und wie Verrückte das Eis wischen. Am Fernsehen entgeht so viel.

Sehr banal: Die Tiefe der Kniebeuge, aus der die Curler die Steine loslassen. Die Hälfte der Zuschauer käme aus dieser Position kaum mehr hoch. Es entgeht das Rundum­paket, das Curling verlangt. Athletik für das Wischen. Mentale Stärke. Strategische Intelligenz. Zuvorderst: ein reibungsloses Team.

An jedem einzelnen Stein arbeiten sämtliche vier Spieler mit. Der Skip entscheidet, wo der Stein hinkommt. Ein zweiter Spieler setzt den Stein. Die anderen beiden wischen ihn.

Auch darum ist der Gedanke, einfach so mit einer philippinischen Nati nach Olympia zu fahren, völlig verrückt. Wie käme man auf die Idee, all das so zufällig zu finden?

Christian Haller kannte die Pfister­brüder aus der Szene. Sie hatten viele Male gegeneinander gespielt. Auch als die Mütter, beide Philippinerinnen, auf der Tribüne sassen. Vor drei oder vier Jahren, bei einem Bier, befanden sie halb im Witz, man könnte für die Philippinen spielen. Haller beantragte als erster den Pass. In eine gemeinsame Chat­gruppe schrieb er: «Wäre schon cool, wenn es klappen würde.»

Sie suchten einen vierten Spieler. Sie schauten sich bei den Junioren um. Es wurden Fotos geteilt, man fragte: Könnte der, wie wir …? So vom Aussehen her …?

Und dann las Haller von Alan Frei. Diesem Schweiz-Philippiner, der von Olympia träumte.

«Ich sähe doch aus wie ein Philippiner. Ob ich denn einer sei?»

Der zweite Turnier­tag. Das Team fährt für einen Ausflug in die Altstadt von Prag. Das Smartphone vor der Nase, steuert Enrico Pfister die Gruppe über die Karls­brücke und zu einem Kaffee an der Sonne. Um Touristen­schlangen herum und aufeinander zu.

Haller, den Banker, der die finanzielle Sicherheit über die Leidenschaft stellte. Frei, den Start-upper, der lieber noch weitere 20 Jahre gescheitert wäre, als sich anstellen zu lassen von einer Bank. Pfisters aus dem Handwerk, die, gefragt, wie das Team sich entwickle, zurück­fragen: «Auf dem Eis oder daneben?»

Ihre Erfahrung besagt, dass Erfolg an beiden Orten entsteht.

Vor dem ersten Spiel, gegen Italien (ganz rechts) – darüber die italienischen Fans, die noch zuversichtlich sind.
Die Hüftdehnung vor dem Spiel erinnert schon stark an die Curling-Kniebeuge.

Neben dem Eis findet das Team erstaunlich leicht zusammen. Weil alle offen sind, team­erfahren, tolerant. Weil die Reise, einmal angetreten, zur gemeinsamen Erfahrung wird, aus der sie schöpfen.

«Wir haben jetzt unsere Gags», wird Frei später sagen.

Haller erklärt die Leichtigkeit so: «Es steht ja gar nichts auf dem Spiel.»

«Wenn wir Olympia verpassen, ist das okay. Dann fahre ich wieder heim und bringe meinen Papa in ein Altersheim.»

Am Abend, als das zweite Spiel gewonnen ist, sitzt Haller in einem Restaurant, satt und zufrieden. Neben ihm lehnt sich Enrico Pfister im Stuhl zurück, verschränkt die Arme und sagt: «Eigentlich müssten wir es schaffen. Ich will mir fünf Ringe tätowieren.»

Haller lacht.

«Nein, wirklich!», beharrt Pfister.

Haller sagt, die Sache mit dem Tattoo bespreche man dann noch.

Der Weg, der die Philippinen nach Mailand führen soll, ähnelt dem Weg zur Eishalle in Prag: eine endlose Baustelle aus Schotter, Schutt und Sand. Mit hohen Kieshaufen, denen auszuweichen ist, und vielen Löchern, in die man stolpern kann.

Christian Haller übertrug den Weg in ein Fluss­diagramm, das zeigt, wie die Qualifikation zu schaffen wäre. Als er fertig war, schätzte er die Chance auf 10 Prozent.

Unterdessen gab Frei einem Anwalt in Manila den Auftrag, mit der Papier­arbeit zu helfen. Sie mussten akkreditiert werden beim philippinischen Wintersport­verband, der erst am Entstehen war. Es brauchte eine Bewerbung beim philippinischen Olympischen Komitee und noch eine Bewerbung beim Weltcurlingverband. Als die Bürokratie geschafft war, erhöhte Frei seine eigene Schätzung schlagartig von 5 auf 20 Prozent.

Der Skip Marc Pfister sprach von 10 Prozent Chance und sagte: «Ja, das ist wenig. Aber es ist mehr als viele andere Spieler haben.»

Marc Pfister wurde von einer seltsamen Nachricht in dieses Team geführt. Es war im Jahr 2018. Pfister spielte an den Weltmeisterschaften in Las Vegas für die Schweiz. Er wusste, dies würde sein letzter grosser Aufritt sein. Was Pfister nicht wusste: Er wurde beobachtet aus dem Publikum.

Auf der Tribüne sassen Philippiner, die einen Wintersport­verband gründen wollten. «Die schrieben mich daraufhin an. Ich sähe doch aus wie ein Philippiner, schrieben sie. Ob ich denn einer sei?»

Pfister ignorierte die Nachricht, doch die Philippiner begannen zu recherchieren.

Sie durchsuchten seine Profile auf Social Media, fanden Verwandte auf den Philippinen. Es folgten «unzählige Nachrichten», so erzählt das Pfister, «es hörte nicht mehr auf».

Er schrieb nicht zurück. Doch für die Philippinen spielen – diese Idee war angekommen.

Pfister trägt Ziegenbart und vor sich her eine stoische Ruhe. Während andere vor Spielen die Hüften kreisen, rumhüpfen, den Fokus suchen, hockt Pfister einfach nur herum. Isst ein Guetsli. Scrollt sich durch Nachrichten auf dem Smartphone. Er bleibt gelassen, wenn die Prüfung naht. Das ist seine Gabe.

«Ich weiss nicht, warum: Ich kann einfach diese letzten Steine spielen», sagt er.

Die letzten Steine entscheiden im Curling über Niederlage und Sieg. Weil der Skip diese Steine spielt, trägt er die grösste Verantwortung von allen. Er ist auf dem Eis der Chef. Hat das letzte Wort zur Strategie. «Verliert man, ist man der Löu. Gewinnt man, ist man der hero.» So erklärte das Pfister daheim in Bern, drei Wochen vor dem Abflug nach Prag.

Er sagte damals, die philippinische Nati sei «im Moment noch ein Spass­projekt». Ein Team? Sei man noch nicht. «Bloss vier Curler mit zwei Pässen.»

Er wollte «nid z gäch dry». Vielleicht fürchtete er, sonst keime zu viel Hoffnung auf. Auch bei ihm. Hoffnung, dass der Traum Olympia doch noch realisierbar sei.

Als Pfister noch für die Schweiz spielte und in die Saison 2016 startete, hatte er die Winter­spiele von Pyeongchang in Südkorea vor Augen. Die Aufgabe war, Punkte zu sammeln für die Qualifikation. Es zeichnete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab mit dem konkurrierenden Team aus Genf.

Für das erste Turnier fuhr Pfisters Team nach Adelboden. Der Bruder erinnert sich, sie hätten auf den Velos trainiert. Da habe Marc über Schmerzen im Unterleib geklagt.

Er fuhr hinunter ins Tal, um einen Arzt zu sehen.

Hodenkrebs. Stadium zwei von drei.

Die Qualifikation hätte auch gesund misslingen können. «Aber ja», sagt Pfister. «Die Chance auf Olympia hat mir der Krebs wohl genommen. Und nicht nur mir. Dem ganzen Team.»

Nach sechs Wochen Chemo­therapie kehrte Pfister zurück aufs Eis, erschöpft und abgemagert. Am Ende fehlte wenig. Doch nach Olympia fuhr die Konkurrenz aus Genf.

Pfisters Team wurde Schweizer Meister und spielte die Weltmeisterschaften in Las Vegas. Es war der Abschied von der Profikarriere. Weil das Ziel Olympia verpasst war, liefen die Verträge mit den Sponsoren aus. Und die Krankheit veränderte Pfisters Prioritäten. «Ich sah, dass es schönere Dinge im Leben gibt als immer nur trainieren, immer fokussiert sein», erzählt er.

Sie lebten ein letztes Jahr als Profis auf Tour. Spielten unter den besten Teams der Welt. Doch sie nannten sich neu Team Fun.

An der WM in Las Vegas kam es vor, dass man sich «noch rasch an den Poker­tisch» setzte, bevor ein Spiel begann. «Wir waren zu wenig Profis, ganz klar», sagt Pfister im Rückblick. Er betrachtet das als sein Verschulden, «hätte ich, der Skip, damals gesagt: ‹Giele, jetzt müssen wir aber dahinter …›»

Doch er war am Leben und er reizte das Leben aus. «Das war unsere allerbeste Zeit», sagt er.

Einfacher als gedacht!

Der dritte Spieltag, beim Frühstück. Das Team bespricht die Lage. Beide bisherigen Spiele sind gewonnen. Kommt ein dritter Sieg dazu, spielen sie unverhofft um die Medaillen. Man geht das Spiel vom Vorabend nochmal durch. Als alles gesagt ist, fragt Frei sehr ernsthaft in die Runde: «Und? Was können wir noch verbessern?»

Da bricht Haller in ein Lachen aus, von dem er sich kaum mehr erholt.

Alan Frei ist auf dem Eisfeld eine Lotterie. Mal setzt er seine Steine perfekt. Dann kommen sie zu kurz, dann zu weit. Seit dem Sturz im ersten Spiel wischt an Freis Stelle Haller die meisten Steine. Im Grunde schwadert Frei einfach mit. Aber das mit einer Motivation, die grenzenlos ist.

Es gab Bedenken zu Beginn. Ein Schwätzer, der nach Olympia will. So aus dem Nichts. Wie soll das gehen? Aber Frei meinte, was er sagte. Er nahm sich einen früheren Spitzen­curler zum Coach. Er trainiert Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag. Jeden Morgen, jeden Nachmittag. «Ich lebe das Leben eines Profi­sportlers», sagt er.

Auf dem Höhenflug: «Das ist ein Märchen», sagt Alan Frei.

Frei besetzt als Lead eine Position, die im Curling als die am wenigsten wichtige gilt. Weil er das Spiel eröffnet, kann das Team gewisse Fehler im weiteren Verlauf korrigieren. Dazu kommt, dass der Lead null strategische Pflichten hat. «Mein Trainer sagte mir, ich hätte nur drei Aufgaben an diesem Turnier: Meine Steine setzen. Wischen. Witze machen», erzählt Frei.

Besonders die Witze macht er schon sehr gut.

Beim Frühstück berichtet Frei, wie er, als das Ziel Olympia gesetzt war, versuchte, eine Sportart zu finden. Er beauftragte einen Anwalt, der heraus­finden sollte, wo er sich am ehesten qualifizieren könnte. Der Anwalt sah Potenzial in Sportarten, die zum ersten Mal olympisch sein werden in Mailand. Nach ersten Recherchen habe er freudig angerufen und gesagt: «Herr Frei, wir haben da etwas für Sie.»

Skibergsteigen. Eine Art Skitour, einfach rennend. «Habt ihr das mal gesehen?», fragt Frei entsetzt in die Runde. «Die rennen einfach den Berg hoch, es ist total weird

Skeleton kam in die engere Auswahl. Kopfvoran stürzte sich Frei in den Eiskanal. Er schildert gestisch anschaulich, wie die Flieh­kräfte diese Irrfahrt beendeten.

«Eiskunstlauf?», fragt Enrico Pfister, mehr als Witz. Aber Frei antwortet ernsthaft, das habe er geprüft. Bloss hätten die Philippinen schon einen guten Eiskunstläufer.

Am längsten verfolgte Frei den Langlauf. Er schrieb einen Langläufer aus Kolumbien an, den Letzt­platzierten der Spiele von Peking 2022, und bat um ein Gespräch. Da stellte der Läufer viele Fragen, auf die Frei nur aussichtslose Antworten hatte. Wie lange er bereits professioneller Langläufer sei? Wie lange er wenigstens schon Athlet sei?

«Aber am Ende», so erzählt es Frei, «da fragte der Langläufer: ‹Und wie ist es ... finanziell? Hast du ... Ressourcen?› Da konnte ich sagen: ‹Ja!›»

Auch den Curlern sagte Alan Frei, er habe Ressourcen. Alle hörten hin. Profiteams budgetieren um die 250’000 Franken pro Saison, und Frei versprach, dies werde «das best­gesponserte Curling-Team ever». Da war er wieder, der Grössenwahn. Frei kombiniert ihn mit ähnlich massloser Selbstironie.

Am Abend des dritten Spiel­tags, nach nun schon vier Siegen, bilanziert Frei in der Garderobe: «Curling ist einfacher, als ich dachte!»

Alle lachen.

Später laufen sie in der Dunkelheit hinunter zum Hotel, einer hinter dem anderen auf dem Trottoir. Sie sind still, man hört nur ihre Schritte. Bis Haller, der zuhinterst läuft, murmelt: «Hm. Verrückt.»

«Was ist verrückt?», fragt Enrico Pfister.

Vier Spiele ungeschlagen. Halbfinal. Vielleicht gewinnen sie das Turnier.

Das Finale

Als die Brüder Pfister ihrer Mutter erzählten, sie würden eine philippinische Curling-Nati gründen, glaubte die Mutter an einen Witz. Die Brüder mussten lange auf sie einreden, um ihr begreiflich zu machen: Wir meinen es ernst. Aber noch in Prag, als sie längst gut spielen, lassen sie den Witz nie ganz los. Als seien die unverwirklichten Träume, die sie hergeführt haben, zu gross, um ernsthaft ausgesprochen zu werden.

Einmal sitzen die vier im Hinterhof eines Restaurants und sprechen über Ester Ledecká, die tschechische Winter­sportlerin, die in Peking eine Goldmedaille im Snowboarden gewann – und eine zweite im Ski Alpin noch dazu. Enrico Pfister schwärmt: «Das ist doch das Schöne am Sport, die Märchen.»

«Das hier», antwortet Frei, mit dem Finger auf den Tisch tippend, «das hier ist ein Märchen.»

Er wisse nicht, ob das ein Märchen sei, lacht Pfister. «Oder doch eher eine Komödie.»

Was es ist, wird sich am Ende ihrer Geschichte zeigen.

Am Anfang ist es eine Geschichte von vier Menschen, die zwar grund­verschieden sind, aber gemeinsam etwas wagen. Vier Menschen, die zusammen­finden über den Sport. So betrachtet ist das von allem Anfang an eine olympische Geschichte.

Dann ist der Halbfinal gewonnen. In der Garderobe, selber noch verwirrt, stammelt Frei: «Wer hätte das gedacht? Wir im Final.»

Sie haben die tschechische Nummer 1 geschlagen. Eine Mannschaft, die im April, als das Team Philippinen erst auf Whatsapp bestand, an den Welt­meisterschaften spielte. Ein perfekt platzierter Stein von Skip Marc Pfister nahm den Sieg vorweg. Als der Stein im Zentrum angekommen war, genau richtig, sagte ein Zuschauer in sein Telefon: «This is a crazy competition» – was für ein verrücktes Turnier.

Auch das gehört zum Curling. Die Unberechenbarkeit.

Ein Stein um den anderen setzte das Team so gut, …
… dass am Ende die Freude über den zweiten Turnierrang blieb.

Profiteams dokumentieren Züge, werten Erfolgsquoten aus, berechnen Wahrscheinlichkeiten. Doch jedes Spiel ist anders als das vorherige. Nie ist zwingend, dass der Bessere gewinnt. Es gewinnt, wer fähig ist, im entscheidenden Moment zu punkten. Das spricht für die philippinische National­mannschaft. Die Wahrscheinlichkeit haben sie nicht auf ihrer Seite, aber ob sie sich qualifizieren, hängt von vielen anderen Fragen ab. Haben sie das Glück dazu? Behalten sie die Nerven, wenn es drauf ankommt?

Sind sie bereit, das echte Leben zurückzustellen für dieses Wagnis? An jene Grenze zu gehen, wo das Unmögliche möglich wird?

Als der Final bevorsteht, sitzt das Team in einem Restaurant. Alle schlingen einen Teller Pasta hinunter. Ähnlich überstürzt fassen sie einen Plan für den Final:

Aufgeben, falls das Spiel zu lange dauert.

Den Heimflug nach Zürich wollen sie keinesfalls verpassen. Um 17 Uhr müssen sie wirklich los.

Die Niederlage steht dann deutlich früher fest. 0:7 Rückstand nach der Hälfte des Spiels. Kurz darauf beenden sie es.

Am Flughafen, als alle durch die Sicherheits­schleuse sind, schaut Haller hoch zu einer Uhr, die von der Decke hängt. Eineinhalb Stunden zu früh. Da bleibt Haller einfach stehen mit seinem Koffer, mitten im Weg. Er lacht.

Die anderen, schon weiter, drehen sich um, als jemand sein Fehlen bemerkt. Sie folgen seinem Blick zur Uhr. Noch so ein Gag, der sie nun verbindet.

Später werden alle sagen, sie seien froh, habe man diesen Final verloren.

So haben sie es schwarz auf weiss. Es steht noch Arbeit bevor.

Die Lage, in der sie sind

Ist in einem Curling-Spiel unklar, wie die Mannschaft weiterspielen soll, gleiten zwei, manchmal drei Spieler zum Skip. Dann beugen sie sich über die Steine und gestikulieren mit den Besen, als würden sie philosophieren. Sie betrachten die Lage, in der sie sind. Sie besprechen: Was ist der nächste Zug? Wie weiter?

Ende Oktober flogen die vier Curler nach Kanada. Dort versuchten sie, die erste grosse Hürde auf ihrem Weg an die Winterspiele von 2026 zu überwinden.

Sie hätten es beinahe geschafft. Wieder verloren sie einzig den Final.

Im nächsten Herbst kommt in Kanada die zweite Chance, es wird zugleich ihre letzte sein. Sie wollten ursprünglich zum Ende dieses Jahres zusammen­sitzen und sich fragen: Gehen wir da ernsthaft rein? Ziehen wir das durch? Diese Standort­bestimmung entfällt. Sie planen stattdessen die Saison.

Frei schickt eine Nachricht: «all in».

Falls Sie es genau wissen wollen: So kann sich das Quartett für die Olympischen Winterspiele 2026 in Mailand qualifizieren

Um sich für Olympia zu qualifizieren, muss die philippinische Curling-Nationalmannschaft im Jahr 2024 an den Pan Continental Curling Championships in Kanada die B-Division gewinnen, um aus dieser in die A-Division aufzusteigen. Von der A-Division führt der Weg an ein Präqualifikations­turnier, wo das Team erster, zweiter oder dritter werden muss, um sich für ein Qualifikations­turnier zu qualifizieren. An diesem Qualifikations­turnier wiederum werden zwei Plätze für die Olympischen Spiele 2026 vergeben. Schafft es das Team am Qualifikationsturnier in den Final, ist es in Mailand.

Unterstützen Sie unabhängigen Journalismus mit einem Monatsabonnement oder einer Jahresmitgliedschaft!